Leben mit Pubertierenden
„Die Eltern bleiben auch in der Pubertät die Hauptbezugspersonen und sind weiterhin Vorbild und Identifikationsfiguren“, sagt Philip Streit, der Grazer Psychotherapeut und Leiter des Instituts für Kind, Jugend und Familie und räumt damit mit einem Mythos auf. Neben den Eltern ist sehr wohl auch die Peergruppe wichtig; sie ermöglicht aber andere Erfahrungen und ist nicht hauptidentifikationsstiftend.
Peers würden nur dann zu Hauptbezugspersonen, wenn es gravierende psychosoziale Probleme in der Familie gibt, so Streit. Er hielt im Rahmen der Online-Veranstaltungsreihe: „Vater sein, verpass nicht die Rolle deines Lebens“ einen Vortrag zur Rolle der Väter in der Pubertät.
Großhirn strukturiert sich neu
Um die Herausforderungen in der Pubertät zu relativieren, ist des dem Psychotherapeuten wichtig darauf hinzuweisen, dass 85 Prozent der Jugendlichen kein Problem in der Pubertät haben. Und von den verbleibenden 15 Prozent hätten lediglich ein bis zwei Prozent schwerwiegende Probleme.
In der Pubertät, etwa ab dem 12., 13. Lebensjahr, strukturiert sich das Großhirn neu. Dadurch ist die Amygdala, der Teil des Gehirns, der auf Neues und auf Bedrohungen reagiert, dominanter. Das hat zur Folge, dass Jugendliche in dieser Zeit eher emotional, unausgeglichener und aufbrausender reagieren. Ein anderer Teil des Gehirns, jener, der Belohnungen verarbeitet, reagiert langsamer und das Erkennen von Emotionen ist verzögert. Dadurch, so Streit, bekommen Jugendliche eine Sehnsucht, möglichst viel zu erleben, reagieren unüberlegt und suchen die Herausforderung. „Weil das alles im Aufbau ist, ist die Pubertät eine große Bühne für Kreativität und Entwicklung“, so der Grazer Psychotherapeut. „In dieser Zeit wird viel angelegt und Jugendliche probieren ganz viel aus.“ Das sei deshalb wichtig, weil die Jugendlichen nur so Unabhängigkeit und Identifikation lernen könnten. „Aber das geht nur mit Zutun der Eltern“, sagt Streit mit Nachdruck. Er bezeichnet die Jugendlichen in dieser Phase als Erbauer ihrer Identität und die Eltern als Mentoren und Wegbereiter.
Geänderter Schlafrhythmus
Eine andere Tatsache ist, dass im Alter zwischen 10 und 17 Jahren das Schlafhormon Melatonin um zwei bis drei Stunden später ausgeschüttet wird. „Daher haben die Jugendlichen die Tendenz am Abend länger aufzubleiben und in der Früh unausgeschlafen zu sein, was sie dann manchmal mürrisch und zornig macht“, so Philip Streit. Sein Rat an Eltern von Pubertierenden: Dran bleiben, auch wenn man manches Mal eine mürrische Antwort bekommt, da zu sein, nicht mit erhobenem Zeigefinder zu pädagogisieren, wenige, aber klare Rahmen zu definieren, und wenn alles nicht mehr nutzt: einfach lieb zu sein. Den Vätern rät er nicht drängend autoritär zu sein. „Väter sind dann ein Vorbild, wenn sie den Kindern positiv und wertschätzend begegnen. Klare Vorstellungen davon, wie sie zu sein hätten, was passe und was nicht, sei kontraproduktiv.
12 Tipps für Väter von Pubertierenden
1. Sei ein Vater und kein Kumpel!
2. Sei liebevoll, klar und gelassen!
3. Habe Vertrauen und traue deiner Tochter/deinem Sohn etwas zu!
4. Sei echt und vertraue auf deine Intuition!
5. Verbringe Qualitätszeit mit deiner Tochter/deinem Sohn!
6. Habe den Mut, einen klaren Rahmen zu definieren!
7. Pädagogisiere nicht, das führt ins Unglück!
8. Sei auf jeden Fall einmal am Tag lieb zu deiner Tochter/deinem Sohn!
9. Biete dosiert Unterstützung an!
10. Väter dürfen mit ihren Töchtern über Sex reden.
11. Respektier die Gefühlswelt und Intimität deiner Tochter/deines Sohnes.
12. Sei immer rufbereit!
Hier können Sie den ganzen Vortrag von Philip Streit nachhören. (Bitte warten Sie einige Sekunden, es dauert ein wenig, bis der Beitrag startet)
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Die Powerpoint zum Nachlesen können Sie hier herunterladen.