Ich bin in letzter Zeit selten, abseits meiner beruflichen Tätigkeit, pädagogisch wertvoll. Meistens zu Hause mit den Kindern angestrengt und überfordert.
Das tägliche, in die Schule gehen überreden und begleiten unserer älteren Tochter, zieht an meinem nicht ausgeschlafenen Nervenkostüm. Der Kleinere entdeckt, nach langer sehr entspannter Lebensform, seinen Trotz. Jaja ist wichtig für seine Phase und Entwicklung. Mann und Frau, als Eltern, sind den Launen und Entwicklungen der Kinder oft ausgesetzt und das trifft mich oft unerwartet und emotional. So entwickeln sich bei mir Fluchttendenzen: „Ich geh mal Zigaretten holen“, oder auch Aggressionen gegenüber meiner näheren Umwelt. Doch diese Fluchtgedanken bringen mir auch öfters einmal einen Abend mit Freunden, Spaß und Spiel. Doch die Folgen sind anschließend Müdigkeit und noch mehr Ärger. Ganz oft denke ich mir: „Genauso wie ich geworden bin, wollte ich eigentlich nicht werden.“
Wo bleibe ich?
Wo sind die Zeiten, wo ich mit voller Freude und Energie in die Vaterkarenz ging?
Bei unserem zweiten Kind haben wir entschieden, dass ich gleich nach dem Mutterschutz in die Karenz gehe und bei den Kindern bleibe. Heldentum und Abenteuerlust waren mir sicher. Ich genoss die Zeit mit den Kindern zuhause, am Spielplatz, bei Ausflügen oder bei den Treffen mit anderen in der Karenz. Der Haushalt ging auch gut mit, der Jüngling schlief gerne und viel.
Eine Energie des Aufbruches und der Geborgenheit umgab mich.
Doch so ein Jahr ist lange. Nach der Hälfte der Zeit, ließ das gute Gefühl nach und wandelte sich in einen Gedanken: „Ich mache alles für euch – wo bleibe ich?“. Denn ich hatte ja gedacht, ich habe noch Zeit für mich, so neben meinen Aufgaben und ohne Erwerbsarbeit.
SMS aus der Karenz
Gott sei Dank, dokumentierte ich meinen Werdegang in der Karenzzeit mit Facebookeinträgen, die mir beim Erinnern helfen:
2015
Meine Sms an meine liebe und arbeitende Frau Johanna Loishandl-Fabjan möchte ich euch nicht vorenthalten...
"Noah Flascherl getrunken und schläft! Klara voi brav, liegt auch schon im Bett und lauscht Janosch! Ich selbst räum zusammen! Dabei hilft mir a Flascherl vom Winzer!
Also alles bestens! Kuss!" #Vaterkarenz“
2015
„Saumiad, sinniere ich einen Tag voller Machtproben und gruppendynamischen Kinderkonflikten nach. Irgendwie wollen alle grad Anführer, Chef oder Bestimmerin sein und führen einen Kampf um die Herrschaft im Kindergarten, am Spielplatz oder im eigenen Heim!
Es gibt noch viel zu tun und zu lernen, aber nicht nur für die "Kleinen"!
Also Gute Nacht liebe kämpfende Eltern ihr habt euch ein wenig Ruhe verdient!“ #Vaterkarenz
2016
„Wenn Mann beim Altglascontainer mehr Hipp/Alnatura Leergut als Weinflaschen entsorgt! #Vaterkarenz“
„Das Schönste und Traurigste heute waren die Tränen der Kinder, wie ich mich am Morgen ins Büro verabschiedete... #Vaterkarenz #vorbei“
Kinder brauchen uns Väter
Wenn ich meiner Nachbarin erzählen würde, dass ich einen Artikel über das Vatersein schreibe, würde die sicher den Kopf schütteln und sich denken: „Genau der, der immer wieder am Abend zur einer Schimpf- und Schreiattacke ansetzt, sollte anderen erzählen wie es geht.“ Hier ist der springende Punkt. Ich weiß gar nicht wie es geht. Aber das wichtigste ist ja: Ich bin da. Vielleicht oft zu authentisch, aber ich bin für meine Kinder da. Ich streite und kämpfe mit ihnen, ganz oft kuscheln und versöhnen wir uns wieder. Kinder brauchen uns Väter, aber nicht zu stereotypischen Verhalten,- nein für jede Lebenslage und sie brauchen uns einfach authentisch. Sie brauchen eine Entschuldigung und einen Zuhörer der sie versucht zu verstehen. Diese Aufgabe ist anstrengend aber auch schön und durch nichts zu ersetzen. Gerade die einjährige Vaterkarenz hat mich zu einem gleichwertigen Partner für meine Kinder gemacht. Stellen wir uns dieser Aufgabe und sind für unsere Kinder ehrlich und authentisch da.
Dennoch müssen und dürfen wir auch auf uns schauen und individuelle Wege der Reflexion und Erholung begehen. Da hilft es auch schon einfach ehrliche Erfahrungen auszutauschen oder an andere weitergeben.
Martin Loishandl ist Sozialpädagoge in Oberösterreich, Vater von zwei Kindern und berichtet uns über seine Erfahrungen in der Väterkarenz. Vielen Dank dafür!