Freudiges Warten, kombiniert mit Fachliteratur (und da gibt es viel), schnell noch irgendwas machen, was man mit Kind nicht mehr machen kann. Der Kopf dreht, die Gedanken kreisen. Freude, Dankbarkeit und Hoffnung stellen sich ein, aber auch Unsicherheit – große Unsicherheit! Und das ist gut so: denn wenn ich mir sicher wäre, wäre es nicht die Zukunft, die nun bald das Licht der Welt erblickt.
Glücklicherweise gibt es pädagogische Größen, die mit musikalischer Untermalung die richtigen Worte finden. Bei dem Wort „Kinder“ sagt Reinhard Mey „Dann ist es aus mit Upchillen, downcoolen, abhängen“. Oja, mit dieser Gelassenheit ist es spätestens jetzt zu Ende. Wann wenn nicht jetzt den Blick auf das wirklich Wichtige lenken?
Neben den räumlichen Veränderungen habe ich insbesondere berufliche Anpassungen vorgenommen. Ich wollte mir einen Rahmen ermöglichen, über die notwendige Vater-Zeit auch verfügen zu können. Drei Punkte haben mich veranlasst, beruflich auf Teilzeit zu wechseln:
- nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen sind die ersten beiden Jahre die wichtigsten in der Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehung. Diese Zeit möchte ich bewusst einräumen.
- Eine Rückbesinnung, dass das „L“ den Unterschied macht: Arbeit ist für mich Lebensmittel und nicht Lebensmitte, auch wenn ich grundsätzlich gerne arbeite.
- Ganz besonders prägend war für mich ein Gespräch während einer der von mir organisierten zahlreichen Freizeitwochen für Familien: eine Mutter erzählte mir, sie hat sich diese Zeit bewusst genommen: „Was sind schon 7 Jahre? Voraussichtlich nicht einmal 10% meiner Lebenszeit, aber mir das Wichtigste im Leben.“
In meiner Berufssparte war Teilzeit nicht möglich, somit habe ich gewechselt. Ein unerwarteter Nebeneffekt: mit diesem beruflichen Wechsel hat sich auch ein beruflicher Tiefgang eröffnet, der mir zuvor verborgen waren. Ich konnte mich erstmals beruflich mit Lebens- und Glaubensfragen beschäftigen. Ich plane und baue auch weiterhin gerne, aber nun kann ich mich endlich auch mit der Frage „brauchen wir auch, was wir planen und bauen“ beschäftigen. Ein überraschend positiver „Nebeneffekt“, den ich keinesfalls vermissen möchte.
Ich wollte mir ganz bewusst diese Zeit nehmen ohne jegliche Erwartungshaltung. Ich möchte einfach da sein, wenn ein Mensch das Licht der Welt erblickt und in diese Welt eintaucht. Da sein in diesem einen Moment.
Bernhard Jäggle, Kulturtechniker, Verkehrsexperte, Brückenbauer und Jugendarbeiter. Bernhard Jäggle realisiert und organisiert seit über 20 Jahren für den Katholischen Familienverband Österreichs Freizeitwochen für Kinder, Jugendliche und Familien.