Was geht hier vor sich? Beginn und Ende dieser von enormen Umbrüchen gekennzeichneten Entwicklungsphase sind individuell verschieden, bei Mädchen wird der Beginn mit etwa zehn, elf Jahren angesetzt, bei Buben mit rund zwölf Jahren – bei großen individuellen Unterschieden. Die Grundlage für diese massiven Veränderungen in der Pubertät sind gut erforscht, sie bestehen in hormonellen Veränderungen: In der Hirnanhangdrüse gebildete Hormone wirken auf die Keimdrüsen, die sodann die eigentlichen Sexualhormone produzieren. Hierdurch kommt es bei Mädchen und Buben zu massiven körperlichen und seelischen Veränderungen bis zum Einsetzen der Geschlechtsreife.
Uns interessiert nun vor allem die psychische Entwicklung und Befindlichkeit der jungen Menschen: Im Gehirn geht es nun gleichsam zu wie auf einer Baustelle. Es werden neue Verbindungen zu Nervenzellen geknüpft und andere aufgelassen. Man kann sich vorstellen, dass dieses Geschehen auf Befindlichkeit, Laune, Konzentration, Wachheit und Lust am schulischen Lernen höchst problematische Auswirkungen hat. Müdigkeit und Schlappheit sind oft derart ausgeprägt, dass Eltern Mühe haben, ihr pubertierendes Kind aus dem Bett zu bringen. Dieses kennt sich mit sich selbst nicht mehr aus. Es ist eine Zeit der absoluten Verunsicherung. Große Unzufriedenheit besteht oft auch bezüglich des veränderten Aussehens: Pickel im Gesicht, Wachsen von Körperhaaren, sich stark verändernde Körperformen, Zunahme an Gewicht drücken auf die Seele. Die Heranwachsenden ziehen sich bei gedrückter Stimmungslage mitunter auch stark zurück und können sich in virtuellen Welten verlieren. Aber auch verstärkt aggressives Verhalten ist zu beobachten.
Als Eltern bemerken Sie, dass Ihr Kind fallweise kuschelige Geborgenheit in Ihrer Nähe sucht, dann wieder heftig opponiert und alle Werte in Frage stellt und ablehnt, die für Sie von Bedeutung sind, was zu Kränkungen führen kann. Ihr Kind erprobt in Diskussionen verschiedene Standpunkte und Rollen. Es befindet sich in einer Phase der Identitätsfindung mit der grundlegenden Frage: Wer bin ich eigentlich?
Für Mütter und Väter ist die Pubertät ihrer Kinder wahrhaftig eine Herausforderung. Es hilft sich mit anderen Eltern zu besprechen, denn diese haben ähnliche Probleme zu bewältigen. Es gibt auch fachkundig geleitete Gruppen zum Austausch und zur Stärkung der Eltern. Interessant ist auch sich an die eigene Pubertät und die Probleme zu erinnern. Jedenfalls hilft es, den Kindern einen Rahmen zu bieten, nicht zu eng, aber doch als Reibebaum zur Verfügung zu stehen. Pubertierende reiben sich gerne an den Eltern und lieben heftige Diskussionen .Wenn es gelingt verbale Attacken nicht persönlich zu nehmen ist schon viel getan.
Tröstlich ist jedenfalls, dass diese lebensnotwendige Entwicklungsphase vorüber geht und Kinder wie Eltern daraus bereichert hervorgehen können. Und bitte den Humor nicht verlieren!
Marie-Luise Zuzan ist Psychologin und Vorsitzende des Katholischen Familienverbandes Salzburg. Für vatersachen.at hat sie die Entwicklung von Pubertierenden beschrieben.