War mein Kind kein Mensch?
Der schlimmste Verlust ist der Tod des eigenen Kindes, egal ob bereits geboren oder ungeboren. Statistisch gesehen enden in Österreich vier von zehn Schwangerschaften unglücklich. Die „gute Hoffnung“ wird durch Verlust und Trauer abgelöst, d. h. es trifft nahezu fast jede zweite Schwangerschaft. Eine meist schmerzliche Erfahrung, die fest zu unserem menschlichen (Er-)Leben gehört und dennoch „totgeschwiegen“ und ignoriert wird.
Der Verlust, den Eltern durch eine Fehl- oder Totgeburt erleiden, begleitet sie oft ein Leben lang. Diese frühverstorbenen Kinder werden Sternenkinder genannt. Das Alter des Kindes spielt dabei keine Rolle, aber das Gewicht des Kindes ist dafür ausschlaggebend ob diese Babys als Mensch offiziell anerkannt werden.
Neben den oft gutgemeinten Sätzen, wie „Besser jetzt, als später“ und „Du kannst ja wieder eines kriegen“, erschweren die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Österreich zusätzlich den heilsamen Umgang mit der Trauer.
In Österreich gibt es eine gesetzliche 500-Gramm-Grenze. Das bedeutet, dass menschliches Leben unter 500-Gramm vor dem Gesetz nicht anerkannt wird, obwohl die Neonatologie Kinder unter 500 Gramm mittlerweile erfolgreich ins Leben begleiten kann. Unter dieser Grenze gibt es auch keinen Anspruch auf Eintragung ins Personenstandsregister. Diese Kinder haben in unserer Gesellschaft niemals existiert.
Für viele Eltern von Sternenkindern würde eine offizielle Beurkundung jedoch helfen, das Geschehnis besser verarbeiten zu können. Des weiteren erlischt mit der Geburt eines Sternenkindes unter 500 Gramm auch jeglicher Anspruch auf Mutterschutz. Trauernde Mütter können sich lediglich von ihrem Arzt krankschreiben lassen, um sich von dem Verlust des Kindes erholen zu können.
Aufgrund der eigenen Betroffenheit startete Anita Orgis die offizielle Unterstützungserklärung „Fehlgeborene Kinder sollen als Kinder offiziell anerkannt werden“. Diese Erklärung http://tinyurl.com/sternenkind soll helfen, das Anliegen auf parlamentarischer Ebene erfolgreich zu behandeln.
Der Kärntner Abgeordnete zum Nationalrat, Hermann Lipitsch, hat sich bereit erklärt, das Anliegen in den dafür zuständigen parlamentarischen Ausschuss zu tragen und dort zu vertreten. Ob der Schritt Erfolg zeigen wird, hängt maßgeblich von der Unterstützung aus der Bevölkerung ab.
Die Kärntnerin sammelt auch selbstgemachte Kleider für Sternenkinder um sie den Geburtenabteilungen in ihrem Bundesland zur Verfügung zu stellen.
Interessierte, die sich daran beteiligen möchten können sich über
sterneneltern-kaernten@gmx.at bzw. https://www.facebook.com/SternenelternSternenkinderInKarnten melden.
In Oberösterreich übernimmt diese Aufgabe der „Verein Pusteblume“
www.verein-pusteblume.at und für Wien der Verein Regenbogen
info@shg-regenbogen.at.
Was tun, wenn es jemanden im persönlichen Umfeld trifft? Niemand kann den Schmerz wegnehmen. Es reicht da zu sein und die Situation mit all ihren Facetten anzunehmen und die Emotionen der Betroffenen anzuerkennen.
Für die Zukunft wünschen sich Betroffene, dass in baldiger Zukunft zumindest auf gesetzlicher Ebene nicht mehr darüber diskutiert werden muss, wann Leben beginnt und Kinder, die in den Herzen der Mütter von Anfang an existieren, auch in der realen Welt anerkannt werden.
Kathrin Lindeque, Anita Ogris und Simone Strobl