Wir fordern: echte Wahlfreiheit bei der Kindererziehung!
Es besteht kein Zweifel: Qualifizierte Mitarbeitende sind das wichtigste Gut in jedem Unternehmen und die Mehrzahl der Frauen sind gut bis sehr gut qualifiziert. Die Wirtschaft profitiert also entscheidend von einer hohen Erwerbsquote der Frauen,
auch wenn die Frauen zusätzliche Aufgaben in der Familie wahrnehmen. Eine möglichst gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist daher im klaren Interesse der Wirtschaft. Ist das aber Rechtfertigung genug, um dem Staat immer weitere Aufgaben zu übertragen und ihn viel direkter in die Familienpolitik einzubinden? Ich meine, die Antwort lautet klar: Nein!
Wer nach immer mehr staatlichen Geldern für familienexterne Betreuung ruft, übersieht nicht nur, dass es diesbezüglich bereits ein massives Angebot gibt, sondern er verkennt auch, dass jegliches Engagement des Staates die Eigenverantwortung der Familien lähmt, statt sich also selbst zu helfen und Großeltern, Verwandte oder Nachbarn einzuspannen, wird man vermehrt staatliche Dienste in Anspruch nehmen.
Familienpolitiker orientieren sich gerne am Ausland, z.B. an der Forderung des UNO-Kinderhilfswerkes, das jedem Land empfiehlt, ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die außerfamiliäre Betreuung im Vorschulalter auszugeben, für Österreich wären das zusätzlich Kosten in Milliardenhöhe. Nach dem jeglicher Staatsinterventionismus seinen Preis hat, würde ein umfassenderes Betreuungsangebot der Öffentlichen Hand höhere Steuern bedeuten. In einem Hochsteuerland wie Österreich sind zusätzliche Steuererhöhungen aber klar abzulehnen, weil damit gedrosseltes Wirtschaftswachstum riskiert wird, das einhergeht mit geringerer Beschäftigung und im Ergebnis zu bescheidenerem Wohlstand führt.
Als Beispiele für diese Erkenntnis lassen sich die Schweiz und Frankreich anführen: die Schweiz hat vergleichsweise wenig Schulden, verfügt über eine stabile Wirtschaft und ist sehr zurückhaltend mit staatlich verordneter Kinderbetreuung. Ganz anders das so staatsgläubige Frankreich, das mit enormen Schuldenproblemen kämpft, uns aber immer wieder als gutes Beispiel großzügiger Familienpolitik vorgehalten wird.
Kinder zu haben ist bereichernd, man darf sie niemals nur als Kostenfaktor betrachten und bei jeder Gelegenheit nach umfassenden Unterstützungsmaßnahmen des Staates rufen. Wenn überhaupt, dann darf es bei Familienförderung nur um Gerechtigkeit gehen, niemals um ein Leben in Funktion der Wirtschaft oder des Staates.
Für die gedeihliche Entwicklung der Wirtschaft – einhergehend mit Stärkung der Eigeninitiative und der individuellen Verantwortung - ist es also besser, wenn wir uns gegen eine einseitige und immer stärker werdende Einmischung des Staates in familiäre Angelegenheiten zur Wehr setzen.
Profitiert die Gesellschaft langfristig
von mehr staatlichem Aktivismus?
Wir leben einerseits in einer fantastischen Gesellschaft, wenn man bedenkt, was vor hundert Jahren möglich war und wie viel mehr heute machbar ist – allein im Gesundheitssystem! Und ist Österreich nicht ein wunderbarer Ort um Familie zu haben und mit Kindern zu leben? Andererseits ist diese Zeit aber auch sehr gefährlich, wenn wir diese großartigen Potenziale, die wir haben nicht mit der notwendigen Haltung und Werthaltung leben können. Nirgends lernen wir das besser, als in der Familie: wie wird mit mir umgegangen, wenn ich schreie? Wie ist die Spannung oder Entspannung in der Familie? Welche Geschwindigkeit herrscht als Lebenstempo vor?
Wer sich für Kinder entscheidet, trifft eine Entscheidung fürs ganze Leben. Es gibt keine vergleichbare, unkündbare Beziehung, wie die zwischen Eltern und Kindern. Deshalb scheint es auch nicht verwunderlich, dass in dem im Januar diesen Jahres erschienenen Artikel, den die Tageszeitung „Die Presse“ mit Die größten Irrtümer über die Jugend von heute übertitelte, unter anderem folgendes Resümee einer Analyse des Institutes für Jugendkulturforschung gezogen wird:
82% der jungen Menschen zwischen 14 und 29 Jahren sagen aus, dass Familie und das soziale Umfeld „sehr wichtig“ sind, vor 10 und 20 Jahren waren es nur knapp 70%. Konservativ sind Jugendliche nicht, an die eigene Zukunft wird geglaubt, aber nicht an die gesellschaftliche.
Damit wird aber deutlich, was wohl immer schon spürbar war: Die Familie – wie Benedikt XVI. sagt - ist eine Selbstverständlichkeit der Natur!
Umso wichtiger und entscheidend deshalb, dass Familienpolitik Eltern Raum und Zeit lässt, damit diese ihrer Elternverantwortung nachkommen können. Gute Familienpolitik darf sich nicht am wirtschaftlichen Nutzen oder an der Geburtenrate orientieren, ein Denkfehler der meisten Medien, die in Ehe und Familie keinen Wert an sich sehen, keine Institution, die jeder staatlichen Autorität vorausgeht. Schon gar nicht sehen sie in dieser anthropologischen Wirklichkeit eine Institution, die die Voraussetzungen schafft, wovon der Staat lebt und die er selbst nicht schaffen kann.
Wo entdecken denn Kinder, vor allem, wenn sie im Vorschulalter sind, was sie groß und stark macht? In der Familie! Anders als in der normierten staatlichen Erziehung erfahren Kinder dort die unbedingte Liebe, mit der ihre Leistungsbereitschaft erst geweckt werden wird. In der Familie dürfen sie verlieren, müssen nicht gleich ein Soll erfüllen.
Immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse, gerade in der Bindungsforschung, unterlegen diese Erkenntnisse, und heben hervor, wie wichtig Eltern, besonders die Mutter in der frühkindlichen Erziehung sind. Auch die Ergebnisse einer Studie der Universität Freiburg unter der Leitung der Professorin Margrit Stamm, haben die Bedeutung der Familie für die kognitive, sprachliche, mathematische und soziale Entwicklung der Kinder empirisch nachgewiesen
Eine intakte, fördernde Familie ist demnach der wichtigste Faktor in der Frühförderung von Kindern. Die familienexterne Betreuung ist zweitrangig! Ihr kommt dann hohe Bedeutung zu, wenn es um die Förderung von benachteiligt aufwachsenden Kindern geht.
Heutzutage würde zu viel über die Qualität in den Kindertagesstätten geredet, zu wenig aber die Erziehungsarbeit in den Familien erläutert.
Schwer zu glauben ist das nicht: denn die Stärke einer Population liegt in ihrer Vielfalt, in der Mischung sozusagen. Eine hohe Variabilität erlaubt es zum Beispiel dass sich Umweltbedingungen ändern oder verschiedene Ansprüche auftreten, ohne dass alles ins Wanken gerät. Ebenso lebt eine demokratische Gesellschaft von der Spannung individueller Persönlichkeiten und wird dadurch stabil. Eine staatlich gesteuerte Erziehung hingegen bewirkt das Gegenteil, weil sie auf Normierung ausgerichtet ist.
Die Politiker sind deshalb gefordert, entsprechende, familienfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die es jedem einzelnen ermöglichen, sein individuelles Modell zu leben. Familienpolitische Maßnahmen dürfen demnach nicht nur auf ein bestimmtes Familienmodell ausgerichtet sein, sie müssen vielmehr die unterschiedlichen Bedürfnisse zwischen den Geschlechtern und Generationen erkennen und einen entsprechenden Ausgleich schaffen.
Dass so etwas mit etwas guten Willen sogar in der Österreichischen Politik umgesetzt werden kann, zeigt das Beispiel der Salzburger Gemeinde Berndorf: dort wird nicht nur die familienexterne Betreuung von Kleinkindern bis zum vollendeten 3.Lebensjahr unterstützt, sondern auch die eigenverantwortliche, familieninterne Betreuung, indem Eltern eine Aufstockung des Kindergeldes bis zur Höhe der Mindestsicherung für Alleinstehende zugestanden wird.
Voraussetzung dafür, dass ein solches Modell nicht nur in der 1.700 Seelen-Gemeinde Berndorf gelingt, ist eine entsprechende Grundhaltung in der ganzen Gesellschaft: wir alle, sowohl die Entscheidungsträger in der Politik und bei den Sozialpartnern, als auch die Meinungsmacher in den Medien, mehr noch - jeder einzelne von uns ist aufgefordert, seine diesbezügliche Verantwortung wahrzunehmen und Kinderfreundlichkeit sowie Familienfreundlichkeit zu leben. Wollen wir als Gesellschaft nachhaltig bestehen, dann brauchen wir die Familie.
Dafür aber stellt zusätzlicher Ausbau staatlicher Fremdbetreuung keine oder höchstens eine verkürzte Zukunftsperspektive dar. Für eine gesunde Zukunft der Familie und damit der Gesellschaft braucht es jedenfalls langfristig echte Wahlfreiheit!
Mag. Henckel von Donnersmarck
Statement anlässlich des „Tag der Begegnung“ 23.02.2013
auf Schloss Wolfsberg