Familie ist der Ort für wahres Glück
Ein bisschen Arbeit, ein bisschen Feiern, ein bisschen Sport, ein bisschen Reisen, ein bisschen Familie - keiner will auf etwas verzichten: Geht das?
HENCKEL-DONNERSMARCK: Nein, das geht nicht! Familie ist der höchste Wert im privaten und im gesellschaftlichen Leben, nicht nur ein Wert unter vielen. An dieser Priorität kann niemand ungestraft vorbeigehen, auch nicht die Politik. Derzeit wird ja Politik etwa für "die Frauen" oder für "die Wirtschaft" gemacht, aber nicht für "die Familie". Eltern und Kinder - also die Zukunft - haben in Wirklichkeit keine Vertretung. Sie sprechen das Verzichten an: Natürlich bedeutet Familie auch Verzicht. Aber es ist ein Verzicht zugunsten des Besseren.
Kann man Familie und Karriere vereinbaren?
HENCKEL-DONNERSMARCK: Die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit sollte neu durchdacht werden. Ich bin für ein Nacheinander statt ein Nebeneinander. Vor allem die Frauen geraten sonst in eine Art "Rushhour des Lebens". Aber das phasenversetzte Nacheinander ist momentan noch mit erheblichen Nachteilen beim Wechsel von einer Sphäre in die andere verbunden. Eine bessere Berücksichtigung familiärer Leistungen im Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht sollte die Wahl zwischen unterschiedlichen Optionen erleichtern. Sprich: Es muss möglich sein, zu Hause zu bleiben bzw. kürzerzutreten. Es geht aber nicht darum, Frauen an den Herd zu locken. Der Katholische Familienverband tritt schlicht und einfach für die Wahlfreiheit ein. Und wer zu Hause beim Kind bleiben will, sollte dafür Geld bekommen - in gleicher Höhe wie die Kosten eines Krippen- bzw. Hortplatzes.
Ist Familie "Arbeit"?
HENCKEL-DONNERSMARCK: Die Pflege und Erziehung der Haushaltsmitglieder, insbesondere die Verantwortlichkeit für das Wohl der Kinder, sind unentbehrlicher Kern gesellschaftlicher Daseinsfürsorge, haben aber über die Jahre das Prädikat verloren, Arbeit zu sein und gelten nun mangels unmittelbarer Messbarkeit als "wertlos". Ein Irrweg. Es gehört daher ein neuer Arbeitsbegriff her, der nicht nur die Leistung der Erwerbsarbeit sieht. Bei Arbeit ging es ja immer schon darum, sie zu besteuern. Hausarbeit aber kann man nicht besteuern.
Ist sie darum wertlos?
Sollen die Kinderbetreuungsplätze ausgebaut werden?
HENCKEL-DONNERSMARCK: Selbstverständlich. Ich wehre mich nur gegen Lebensorganisations-Diktatur. Kleine Kinder brauchen ihre Mütter und Väter dringender als eine Krippe. Und Bindung kommt lange vor Bildung. Familie ist die beste Betreuungseinrichtung.
Frankreich wird immer als leuchtendes Beispiel in Sachen Geburtenrate und Krippenplätze hingestellt.
HENCKEL-DONNERSMARCK: Dort wird eben jedes Kind und der betreuende Elternteil, die vom Einkommen des Erwerbstätigen leben müssen, steuerlich voll berücksichtigt. Krippen werden tatsächlich nur von rund 13 Prozent der Kinder unter drei Jahren besucht.
Was halten Sie von Teilzeitarbeit?
HENCKEL-DONNERSMARCK: Ich halte sie für gut und wichtig, sie sollte nicht verteufelt werden. Denn: 70 Prozent der teilzeitarbeitenden Frauen tun dies auf eigenen Wunsch. Es braucht freilich auch Goodwill - von beiden Seiten.
Was ist überhaupt eine Familie?
HENCKEL-DONNERSMARCK: Familie ist die älteste Gesellschaft der Welt - weder Staat noch Kirche haben sie erfunden. Sie ist grundlegend für jede Gesellschaft. Sie ist der normale Weg des Menschen, Mainstream - wenn Sie so wollen. Familie hat ursächlich mit der Liebe zwischen Mann und Frau und Nachwuchs zu tun und ich wünsche mir ein neues Denken: Familie sein, Eltern sein - das ist cool.
Es gibt immer mehr Familienmodelle . . .
HENCKEL-DONNERSMARCK: Das Wort Modell ist in Bezug auf Familie unpassend.
61 Prozent der Österreicher sind der Ansicht, eine eigene Familie zu haben, sei entscheidend für ihr Lebensglück . . .
HENCKEL-DONNERSMARCK: . . . und trotzdem wird so getan, als wenn sie ein Auslaufmodell ist. Familie ist der Raum für wahres Glück, deshalb, weil ich dort um meiner selbst willen geliebt werde, weil es mich gibt, weil ich gewollt bin. Es wird immer etwas Dringlicheres geben, als der Schutz des kindlichen Wohlbefindens, aber nie etwas Wichtigeres.
Ist die Familie eine Bastion gegen Kapitalismus?
HENCKEL-DONNERSMARCK: Familie ist das letzte Widerstandsnest gegen die Ökonomisierung und Technisierung des Lebens. Wir haben allen Grund, uns nach Kräften für sie einzusetzen und vor allem junge Menschen zu ermutigen. Als Familienverband wollen wir Wegbegleiter sein, politische Vertretung für Eltern und Kinder, und erster Ansprechpartner für die Regierung.
Ihre politischen Ziele?
HENCKEL-DONNERSMARCK: Mensch und Kind gehören nicht verzweckt, daher gehört der Familienlastenausgleichsfonds saniert - durch Beseitigung fremder Lasten. Weiters treten wir für ein steuerfreies Existenzminimum für jedes Familienmitglied ein. Dann sind wir dafür, dass man in der Familienbeihilfe die altersbedingt steigenden Kinderkosten berücksichtigt - große Kinder kosten mehr, das ist so.
INTERVIEW: EVA GABRIEL