Vorrang für Familienzeit
Treffender und schonungsloser lässt sich die derzeitige Politik kaum darstellen.
Von wessen Bedürfnissen ist die Rede? Fehlt da nicht was? Wer fragt nach den Kindern?
Familienpolitik in Österreich und auch in Kärnten misst ihre Freundlichkeit weitgehend daran, wieviel Betreuungsplätze bestehen. Je mehr Kinder außerhalb der Familie betreut werden, desto besser, desto eher die Zertifizierung „familienfreundliche Gemeinde“.
Der Wirtschaft gefällt das. Und auch der Politik. Denn Beitragszahler sind gefragter denn je.
Was wäre, wenn wir die Kinder fragen würden?
Ob sie das auch familienfreundlich finden? Ob sie es genießen, bis nachmittags um 16 Uhr in der verpflichtenden Nachmittagsbetreuung zu sein? Ob sie es toll finden, dass es künftig immer mehr Ganztagesschulen geben wird? Und wofür würden sich die Babys und Kleinkinder entscheiden, wenn sie die Möglichkeit hätten zu sagen, mit wem sie gern den Tag verbringen möchten und wo sie sich gern aufhalten? Ob das wirklich die Krabbelstube ab sieben bis 19 Uhr ist?
Wir nehmen erschrocken wahr, dass es immer weniger Kinder gibt. Gleichzeitig werden ihre Wünsche und Bedürfnisse häufig auf fatale Weise ignoriert. Statt ihrer Sehnsucht nach Geborgenheit Raum zu geben und zu ermöglichen, dass sie viel Zeit in der Familie verbringen können, folgen viele Politiker mit geradezu wehenden Fahnen dem Diktat der Wirtschaft.
Der Familienverband möchte Kindern eine Stimme geben. Hierzu gehören auch die Kinder vor ihrer Geburt. Es müsste uns gemeinsam doch gelingen, eine Kultur zu schaffen, die Kinder wieder willkommen heißt! Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Familien auch finanziell über die Runden kommen und dass die Erziehung, Betreuung und Pflege von Kindern der Erwerbsarbeit gleichgestellt wird.
Gudrun Kattnig
Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" 19. März 2017 S. 2
Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" 19. März 2017 S.3