Mein Corona-Alltag mit Kleinkind
Die letzte Feier mit den Liebsten
Anfang März haben wir Marlenes ersten Geburtstag mit der Familie gefeiert. Ich kann mich noch so gut an diesen Sonntag erinnern: Marlene ist von Papa zu Opa gekrabbelt, auf Omas Schoß gesessen, wurde von ihrer Tante abgeküsst und vom Onkel hochgeworfen. Zum Glück hab ich von diesem Tag einige Fotos – immerhin wird es wohl für lange Zeit das letzte Mal gewesen sein, dass wir mit unseren Liebsten so nahe zusammen gewesen sind. Hätte ich da schon gewusst, was bald auf uns zukommen wird, hätte ich alle noch viel mehr umarmt!
Social Distancing
Das neue Gebot unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens heißt „Abstand halten“. Gerade in den ersten zwei Wochen haben mir nicht nur die persönlichen Gespräche mit meiner Familie oder meinen Freunden gefehlt – ich habe erst dadurch bemerkt, wie wichtig sie als Stütze für mich sind. Wenn es ein anstrengender Tag mit Marlene war, habe ich so oft in der Vergangenheit meine Sachen gepackt und bin spontan mit ihr zu Freunden gefahren – oder habe meine Eltern gebeten, eine Stunde auf sie aufzupassen. Dieser Tapetenwechsel hat nicht nur Marlene sehr beruhigt – und auch für meinen persönlichen Seelenfrieden waren diese Pausen extrem wichtig.
Auch wenn meine Eltern und meine Oma direkt neben uns wohnen und wir sie jeden Tag sehen – ich vermisse es so sehr, sie in den Arm zu nehmen. Natürlich sind sie froh, Marlenes Fortschritte live sehen zu können. Doch es tut ihnen richtig weh, immer 1-2 Meter Abstand von ihr halten zu müssen.
Krise als Chance?
Ich muss erwähnen, dass Marlene noch sehr klein ist und somit zum Glück noch nicht so viel mitbekommt. Mit älteren Kindern stelle ich mir die neue Situation um einiges schwieriger vor!
Grundsätzlich hat sich jedenfalls unser Alltag nicht sehr viel verändert – mein Mann konnte gleich relativ normal weiterarbeiten und ist somit unter der Woche nicht zuhause. Allerdings macht er um zwei Stunden früher Feierabend und genießt es, momentan mehr Zeit mit Marlene verbringen zu können. Früher waren wir es gewohnt, so gut wie jeden Abend Besuch zu haben – jetzt nutze ich die „neu gewonnene“ Zeit einfach für andere Dinge.
Während ich in den ersten Tagen wie in einer Schockstarre war, hat sich das Blatt in der Zwischenzeit gewendet. Gefühlt jeder fängt gerade an, den Kleiderschrank auszumisten, die Wohnung neu zu dekorieren oder seine Fenster zu putzen. Auch ich hab mich von diesem „Flow“ anstecken lassen und bin seit der Corona-Krise um einiges produktiver geworden. Da ich nur noch alle 1,5 Wochen einkaufen gehe, gibt es einen (relativ konsequenten) Essensplan. Ich probiere aktuell viele neue Gerichte aus.
Ein strukturierter Alltag
Was für mich nach wie vor besonders wichtig ist, ist ein strukturierter Alltag. Natürlich fallen gerade alle Fixpunkte wie Spielgruppe, Babyschwimmen, Zwergensprache-Kurs & Co. weg, aber ich versuche, jeden Tag bzw. jede Woche die gleichen Fixpunkte einzuplanen. Aufstehen, Frühstück, Vormittagsschlaf, Mittagessen, Nachmittagsschlaf, Spaziergang, Abendessen und schlafen gehen finden jeden Tag in etwa um die selbe Zeit statt. Montags wird Wäsche gewaschen, dienstags am Computer gearbeitet, mittwochs eingekauft, donnerstags geputzt und freitags gebacken.
Natürlich darf man nicht vergessen, dass der Corona-Virus für viele extrem schlimm ist – aber trotzdem habe ich es für mich geschafft, das Ganze sehr positiv zu sehen. Vor der Krise habe ich irgendwie in den Tag hineingelebt und gefühlt nichts geschafft – jetzt habe ich zum ersten Mal seit Langem das Gefühl, viel strukturierter, produktiver – und auch kreativer – zu sein. Trotzdem freue ich mich schon jetzt auf den Tag, wenn das Ganze (halbwegs) überstanden ist... und wir unsere Liebsten wieder so richtig lange umarmen können!