Auf der Bordsteinkante
Es sieht nach Trödeln aus oder nach scheinbar konzentrierter Betrachtung von irgendetwas. Heißt aber dann soviel wie „Ich mag nicht mehr“ oder eher „Ich kann nicht mehr“.Da hilft dann auch keine Trinkflasche oder kein Griff in den Rucksack mit der Jause.
Pause ist fällig. Sitzen.
Mit der Zeit haben wir bei unseren Spaziergängen begonnen, dort Pause zu machen, wo wir grad waren. Als Sitzplatz bieten sich natürlich öffentliche Bänke an. Die scheinen zwar die erste Wahl zu sein, bloß sind sie grad nicht da, wenn man sie braucht. Außerdem sind sie nicht kleinkindertauglich. Sehr bewährt haben sich niedrige Außen-Fensterbänke von Schaufenstern. Gibt es aber auch nicht viele.
Was es aber überall gibt, sind Bordsteinkanten. Zugegeben, für mich ziemlich niedrig, für ein Kleinkind jedoch perfekt! Die Bordsteinkanten unserer engen, starkbefahrenen Hauptstraße scheiden natürlich aus, aber wir haben einige kaum befahrene Nebenstraße, die mit einer eigenen Bordsteinkante gesegnet sind. Auch die Haltestellen-Bucht für den Linienbus auf einer unserer großen Straßen hat eine besonders attraktive Bordsteinkante. Man kann den Verkehr beobachten, mit etwas Glück sogar den Bus, der – wenn überhaupt – eh nur alle paar Stunden mal vorbeikommt.
Unsere Lieblings-Bordsteinkante
ist eindeutig die beim Parkplatz unseres großen Lebensmittelgeschäftes. Das ist Pause auf höchstem Komfort- und Sicherheitslevel (der Parkplatz ist großzügig angelegt und die Bordsteinkante ist weit weg vom heftigen Verkehr). Aber – was noch viel besser ist – es ist Pause mit Reality-Nah-Sehen vom Feinsten.
Autos kommen und gehen. Leute steigen aus. Kofferraumtüren werden geöffnet und geräuschvoll geschlossen. Behälter werden aus- und eingeräumt. Wir können uns prächtig darüber unterhalten, wer da jetzt was eingekauft hat.
„Was meinst du, Jonsi, ist in der schweren Kiste da drinnen?“
„Bier!“
„Hey - Woher weißt du das?“
„Der ... der ...Opa ...Papa, ...“
„Ah! Der Papa kauft das auch?“
Kopfnicken. Aber der junge aufgeweckte Geist ist schon wieder bei einer anderen Beobachtung. Kinder, die von ungeduldigen Eltern hinten nachgezogen werden oder Hunde die einander beschnüffeln oder anbellen. Oder unsere Lieblings-Bordstein-Beobachtung: Der Müllwagen. Wir sind immer donnerstags unterwegs. Und da können wir die Uhr danach richten, wenn um 9:00 der Müllwagen auf dem Parkplatz einfährt.
„Opa – daaa! Das Müllauto!“
„Ja, ich sehe es. Wo glaubst du geht heute die Türe auf?“
Das ist unser wöchentliches Ratespiel. Die Müllfahrer sitzen in der Fahrkabine und knobeln sich wohl aus, wer von beiden die Jause aus dem Geschäft holt. Die linke Tür geht auf.
„Ha! Der Fahrer holt heute die Jause!“
Wir schauen dem Fahrer nach, wie er über den Parkplatz ins Geschäft geht. Nach wenigen Minuten kommt er heraus – in der einen Hand ein Päckchen für seinen Beifahrer, in der anderen Hand seine eigene Leberkäs-Semmel, von der er herzhaft abbeißt.
„Packen wir auch unsere Jause aus, Jonas?“