Mittwoch-Family-Treff – ein Ritual
Vom Pensionsalter bin ich noch ein paar Jahre entfernt, auch wenn ich wegen der Enkelkinder und meinen Aufgaben als Diakon mittlerweile ein 30-Stunden-Modell habe. Daher findet der Mittwoch-Zirkus bei uns zu Hause immer ohne mich statt. Bis auf das Mittagessen. Mittagessen mit manchmal drei, manchmal fünf Enkelkindern.
Das Anstrengende am Mittwoch sind nicht die 9 Stunden Arbeit, sondern die ½ Stunde Mittagspause.
Aber … Anstrengung hin und her … erstens ist meine halbe Stunde NICHTs gegen das, was die jungen Mamas tagtäglich erleben, und zweitens … meine Enkelkinder sind SOOOOO entzückend. Ich liebe unser Mittwoch-Mittag-Ritual. Und das geht so:
Um 9:30 kommt Antonia mit ihrer Mama. Das ist noch harmlos. Ziemlich genau zu Mittag kommen Jakob und Gabriel. Ihre Mama hat Gabriel soeben vom Kindergarten abgeholt und ist dann mit ihren beiden Jungs volley zu uns gefahren. Ich bin da meist schon den ganzen Vormittag in Telefonkonferenz. Fast immer mit einem Team desselben Kunden (mein „Mittwochs-Kunde“). Meine Gesprächspartner wissen auch schon was jetzt kommt. Ich warne sie kurz vor 12:00 vor: „Können wir dann bitte Mittagspause machen, gleich wird Gabriel da sein!“ – „Ja, klar – nur noch schnell eine Frage …“
klopft es an meiner Bürotür.
„Hallo Gabriel!“ – er bekommt von mir sofort Vorrang vor meinen Kunden
„Hallo Opa!“ und er fällt mir um den Hals.
„Was ist denn?“ frage ich pflichtbewusst.
„Essen kommen, Opa“, strahlt er mich an.
Er ist stolz, dass er jeden Mittwoch diesen wichtigen Auftrag bekommt, mich zum Essen zu holen.
„Magst du »Hallo« sagen zu den Leuten hier?“ – ich sehe Gabriel an und deute auf den Bildschirm.
„Hallo“ – ein bisschen verunsichert ist er schon. Er SIEHT ja meine Gesprächspartner nur, hören kann er sie nicht, weil ich das Headset verwende. Schnell schalte ich auf Lautsprecher um.
„Hallo Gabriel!“ machen meine Kunden ihm und mir die Freude.
„Hallo!“ – jetzt nicht mehr verunsichert.
„Wir hören uns wieder um 13:00 – bis dann!“ und ich beende die Telefonkonferenz.
„Super, Gabriel. Danke, dass du mich abholst – ich hab eh schon Hunger – du auch?“
Kopfnicken.
„Na, dann nimm mich mit!“ – und schon reicht er mir die Hand. Und ab geht’s über die Stiege hinunter. Unten warten schon die beiden 1½-jährigen. Beide heben erwartungsvoll die Arme („Bitte Opa, heb mich zu dir herauf!“). Und rein geht’s ins Mittagessen-Getümmel. Mahlzeit!