Jeder von uns hat seine Corona-Geschichten und mir und meiner Frau ist eine ganz besondere widerfahren. Eigentlich wollten wir im vergangenen Mai zu einer Pilgerwanderung aufbrechen und einen Teil des Franziskusweges von Florenz nach Assisi marschieren. Der Lockdown machte uns – wie so vielen Menschen – einen Strich durch die Rechnung. Im Mai waren die Hotels noch geschlossen, aber es gab die ersten zarten Öffnungsschritte der Gastronomie.
Kurzerhand funktionierten wir unseren PKW in ein „Wohnmobil“ um und begaben uns auf eine Reise nach Kärnten. Die besondere Situation führte auch zu besonderen Momenten, Begegnungen und Gesprächen. Einen nachhaltigen Eindruck auf uns hat etwa der eineinhalbstündige Aufenthalt – zu zweit – allein im Dom der Hemma von Gurk hinterlassen, ebenso die folgende Begebenheit:
Wir machten uns auf den Weg zu einem kulturellen Kleinod in einem kleinen Dorf an einem Berghang. Um die Mittagszeit kamen wir an, unterhalb unseres Parkplatzes stand die Tür zu einem Gasthaus offen. Insgesamt machte es nicht den Eindruck als wäre geöffnet, aber wir starteten dennoch einen Versuch, ein Mittagessen zu ergattern.
„Hallo“, riefen wir zuerst zaghaft, dann etwas lauter durch die offene Tür ins Haus. Da tönten gleich zwei „Hallos“ zurück. Eines aus dem Garten gleich unterhalb und eines aus dem hintersten Winkel des Hauses, vermutlich aus der Küche. Die Frau aus dem Garten erkundigte sich nach unserem Anliegen.
„Was zum Essen wollt‘s ihr? Ein Käse- oder Speckbrot könnte ich euch schon richten!“ Da wir Speck, Käse und Brot in diesen Zeiten immer als kulinarische Grund- und Notausstattung in unserem Auto mitführten, war das keine so gute Option.
„Ich könnte auch Palatschinken machen.“ – Das fanden wir großartig und während der Erörterung, ob diese süß oder mit Käse sein sollten, kam die „Küchenstimme“ auf die Terrasse und meinte: „Wir haben noch etwas Sugo von unserem Mittagessen übrig. „Wollt‘s vielleicht Nudeln?“ Wir wollten!
Während wir auf das Essen warteten, bewunderten wir den Garten, der die üppige Fülle eines Bauerngartls bot. Bald gesellte sich die Wirtin zu uns und es entwickelte sich ein „Fachgespräch“ über dieses und jenes Kraut und Gewächs. Besonders angetan hatte es meiner Frau das dunkelrote Blütenmeer der Pfingstrosen, denn bei uns zu Hause öffnet sich jedes Jahr immer nur genau eine Blüte – immerhin in der gleichen Farbe.
Die Rede kam auf die Mutter, die mit 92 Jahren immer noch im Gasthaus mitgeholfen hatte und vor inzwischen 7 Jahren verstarb. „Und“, so meinte die Wirtin, „ein Jahr nach ihrem Tod schickte mir Mama ein Zeichen: Neben dem roten Pfingstrosenstock, erblühte plötzlich ein weißer ohne dass ihn je einer eingepflanzt hätte.“
In einer Selbstverständlichkeit kamen hier zwei tiefe, österliche Glaubenswahrheiten zum Ausdruck, um die oft schwer und tief gerungen werden muss: Dort, wo sich die Mama jetzt befindet, ist sie gut aufgehoben und sie lässt ihre Tochter nicht allein. Die Verbindung ist durch den Tod nicht unterbrochen und bringt nach wie vor besondere Blüten und vermutlich auch Früchte hervor!
Gesegnete Ostern.
Noch ein Wort zu den Nudeln: Auf das Sugo, das ortsüblich mit etwas Zucker zubereitet war, kam noch frischer Schnittlauch direkt aus dem Garten – für jemanden, der im tiefsten Italien eine Pilgerwanderung unternehmen wollte, schmeckte das etwas ungewohnt, aber herrlich!